Das Werk ist der Dresdner Hofkapelle, der heutigen Staatskapelle Dresden, die ihren 475. Geburtstag feiert, gewidmet und fand die Uraufführung mit demselben Orchester am 28. Oktober 1915 in Berlin unter der Leitung des Komponisten statt. Diesen traditionellen Klangkörper hatte Richard Wagner schon als seine „Wunderharfe“ bezeichnet und schwärmte Herbert von Karajan über dessen ganz spezielle Färbung „wie Glanz vom alten Gold“. Ein Orchesterfest ist zum Auftakt im Wiener Musikverein also angesagt, wenn Christian Thielemann mit der Staatskapelle Dresden, der er als Chefdirigent noch bis 2024 vorsteht, am 11. und 12. September 2023 im Großen Saal zweimal „Eine Alpensinfonie“ op. 64 aus der Feder von Richard Strauss dirigieren wird.
Das Werk stellt die musikalische Schilderung einer Gebirgswanderung dar, wozu der Komponist bei seinen Wanderungen im österreichischen Salzkammergut, im Ausseerland und in den bayerischen Alpen sowie vor allem von der Philosophie von Friedrich Nietzsche inspiriert wurde.
Christian Thielemann, der das Stück sehr liebt, wird wieder unglaubliche Farben und Stimmungen aus dem Riesenorchester zaubern, das Strauss für dieses Werk verlangt. Auch wenn das Werk, das seine eindrucksvolle Geschlossenheit durch Nachtbilder zu Beginn und am Ende erhält, Klangsensualismus in Vollendung ist, wird es leider oft missverstanden: Nur vordergründig eine Naturschilderung mit musikalischen Mitteln die Besteigung eines Alpengipfels und die Rückkehr ins Tal während eines Tages zu gestalten, steckt ein philosophischer Vorgang über das Entstehen, das Werden und das Vergehen eines Menschenlebens dahinter, was sich das Auditorium bei aller Klangsinnlichkeit und Klangfreude immer bewusst sein sollte.
Vor den jeweiligen Aufführungen der „Alpensinfonie“ gibt es eine Begegnung mit zwei wunderbaren Streichersolisten, wenn zum einen Antoine Tamestit Paul Hindemiths „Der Schwanendreher“, ein Konzert für Bratsche und kleines Orchester, zum anderen Janine Jansen Felix Mendelssohn-Bartholdys Konzert für Violine und Orchester e-moll, op. 64 mit dem Orchester interpretieren.
Christian Thielemann wird „Eine Alpensinfonie“ nach den Aufführungen mit den „Dresdnern“ nun für fünf, sechs Jahre liegen lassen, wie er selbst erklärt, weshalb ich Musikfreunden, die ihn jetzt mit einem seiner Paradestücke erleben möchten, einen Besuch zu Saisonauftakt im Wiener Musikverein nur empfehlen kann.