Große Überraschung beim neuen Salzburger „Jedermann“

Jedermann
Neu für "Jedermann" 2024: Deleila Piasko, Robert Carsen, Philipp Hochmair © Thomas Rauchenwald

Dem Klassikliebhaber sei heute ein Ausflug ins Sprechtheater gegönnt …

Nachdem die Pressekonferenz im Museumsquartier Wien zum neuen Salzburger „Jedermann“ am heutigen Morgen mit zwanzigminütiger Verspätung begonnen hatte, gab es dann eine veritable Überraschung: Nicht die in vielen Medien bereits kolportierte Mavie Hörbiger, sondern die 1991 in der Schweiz geborene Film- und Bühnenschauspielerin Deleila Piasko wird die Rolle der Buhlschaft im neuen „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen im Sommer 2024 verkörpern. Bei der Rollengestaltung werde sie völlig frei und unvoreingenommen agieren, wenn möglich soll im Rahmen des Probenplanes ihr eigenes, persönliches Wesen einfließen.

Intendant Markus Hinterhäuser betont, dass die Salzburger Festspiele kein „hire and fire – Unternehmen“ darstellen, die Entscheidung, mit dem bisherigen Team für Hugo von Hofmannstahls „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ nicht weitermachen zu wollen, habe man sich nicht leicht gemacht, die Inszenierung von Michael Sturminger sei jedoch an einem Ende angekommen, es gab keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr und ging vor allem kein Faszinosum mehr davon aus. Das Stück selbst fasziniere seit 104 Jahren, sei immer aktuell, weil es um die elementaren, existenziellen Dinge des Lebens gehe. Hinterhäuser erklärt aber auch deutlich, dass alle vertraglich bestehenden Ansprüche entschädigt werden müssen, nachdem Regisseur Sturminger und Schauspieler Michael Maertens, denen eine Beschäftigung auch für 2024 bereits zugesagt worden war, Klage gegen die Salzburger Festspiele eingebracht haben, man werde in Einzelgesprächen an entsprechenden Lösungen arbeiten.

Der neue „Jedermann“, das war schon vor der Pressekonferenz bekannt, wird Philipp Hochmair sein, der die Rolle bereits 2018 ein paarmal als Einspringer für den erkrankten Tobis Moretti übernommen hatte, der österreichische Schauspieler weist bereits dementsprechende Erfahrung auf. Sein höchst erfolgreiches Konzept von „Jedermann reloaded“ wolle er aber nicht in die Neuinszenierung einbringen, die Figur werde mit dem neuen Regisseur komplett neu erarbeitet werden.

Für die Neuinszenierung am Domplatz wurde der Kanadier Robert Carsen, einer der renommiertesten Regisseure überhaupt, gewonnen. Carsen betont seinen Bezug vor allem zum Text von Hugo von Hofmannsthal, hat er doch bereits höchst erfolgreich fünf Opern von Richard Strauss inszeniert, zu denen Hofmannsthal das Libretto verfasst hatte – „Die Frau ohne Schatten“ an der Wiener Staatsoper, „Ariadne auf Naxos“ an der Bayerischen Staatsoper, „Arabella“ am Opernhaus Zürich, „Elektra“ an der Opéra national de Paris und „Der Rosenkavalier“ 2004 bei den Salzburger Festspielen. Carsen freut sich auf die Aufgabe, dieses Stück in Salzburg zu inszenieren. Einerseits ist er fasziniert von Hofmannsthals poetischer Sprache, andererseits ist es speziell für das österreichische Theater wichtig, dieses Stück, worin die Hauptfigur quasi einen Deal sowohl mit dem Leben als auch mit dem Tod schließt, zu spielen. Ihm steht eine interessante Besetzung zur Verfügung; neben vielen anderen übernimmt zum Beispiel Andrea Jonasson die Rolle von Jedermanns Mutter, entsprechend seinem Regieansatz werden die Rolle von Jedermanns guter Geselle und des Teufels ein und demselben Schauspieler anvertraut. Ein Bühnenbild wird es geben, der Dom wird aber in Carsens Schauplatz integriert sein, weil essenziell für das Stück – besonders das verdeckte Domportal in Sturmingers letzter Inszenierung 2023 hatte ja massive Kritik beim Publikum hervorgerufen.

Die neue Schauspielchefin der Salzburger Festspiele, Marina Davydova, unterstreicht Carsens Statement, weist auf die Bedeutung von Hofmannsthals „Jedermann“ als immer zentrales Stück der Salzburger Festspiele hin und stellt klar, dass die Neuinszenierung im Sommer 2024 keine Dekonstruktion des Stückes bedeuten wird.

„Jedermann“ ist wieder in aller Munde, man darf auf die Neuinszenierung bereits jetzt sehr gespannt sein.

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

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