Im Zyklus „Meisterwerke“ im Wiener Konzerthaus kommt es im Konzert der Wiener Philharmoniker am 20. März 2024 zum Gipfeltreffen zweier die klassische Musik in den letzten Jahrzehnten prägenden Giganten, wenn sich Martha Argerich und Zubin Mehta wieder einmal gemeinsam die Ehre geben.
Zu Beginn des Abends steht das Konzert für Klavier und Orchester in G-Dur von Maurice Ravel auf dem Programm – ein von baskischen, spanischen und jazzigen Elementen geprägtes Werk, das impressionistische Zirkusmusik mit Jazzsouvenirs verbindet, was die Ausnahmepianistin Argerich während ihrer langen Karriere gerne und oft gespielt hat. Und es braucht nicht extra erwähnt werden, dass sie mit ihrem fulminanten Klavierspiel, das immer noch wie das des trotzigen jungen Mädchens von einst wirkt, wie eh und je Furore macht. Was Technik und Geläufigkeit betrifft, steht „Martita“ auch heute noch über den Dingen, wenn sie aber im zweiten Satz mit dem berückend schön gespielten Englischhorn in einen traumverlorenen Dialog tritt, vermeint man als Hörer, dass die Zeit still zu stehen bleibt. Als Zugabe gibt es zunächst noch einmal den dritten Satz von Ravels Klavierkonzert, bevor Martha Argerich Orchester wie Publikum mit einer perlend musizierten Gavotte I und Gavotte II ou la Musette aus der Englischen Suite Nr. 3 g-moll BWV 808 von Johann Sebastian Bach beeindruckt.
Im zweiten Teil des Konzertes ist dann noch eine ungemein kompakte, in sich geschlossene, höchst überzeugenden Wiedergabe der Symphonie Nr. 7 E-Dur WAB 107 des Jahresregenten Anton Bruckner zu hören. Zubin Mehta lässt die Erfahrung seines ganzen langen Dirigentenlebens in die Interpretation dieses einen der Gipfelpunkte der Symphonik darstellenden Werkes einfließen, wenn er ruhig, mit größtmöglicher Übersicht und höchster dirigentischer Souveränität das Stück ohne Partitur gestaltet. Die von Mehta gigantisch aufgebauten Spannungsbögen sind zwar zum Zerbersten gespannt, reißen über die ganze viersätzige Architektur jedoch nicht ab und werden, imposant beeindruckend, bis zum Schluss gehalten. Zubin Mehta, immer einer der ausgewiesenen Dirigentenvirtuosen, gewiss in jungen Jahren auch dem Stardirigenten-Jetset verhaftet, ist im Alter zu einem echten, tiefschürfenden Interpreten allererster Güte gereift. Man könnte aus dieser herrlichen Aufführung von Bruckners VII. Symphonie viele Details herausgreifen, vielleicht die wunderbar kontemplative, spannungserfüllte Ruhe im von Bruckner zu Ehren Richard Wagners komponiertem Adagio. Zum Höhepunkt geraten aus meiner Sicht aber jeweils die Coda des ersten und vierten Satzes, wo Mehta das Tremolo der Streicher so ekstatisch daherkommen lässt, als wolle er die überwältigten Hörer einfach nur in den Bruckner-Himmel führen …
Stehende Ovationen für Martha Argerich vor der Pause sowie Zubin Mehta am Schluss eines großartigen Konzertabends!