Oft wird es leider nicht gezeigt, das lyrische Märchen „Rusalka“ in drei Akten mit dem Libretto von Jaroslav Kvapil, was bestimmt nicht an der herrlichen Musik von Antonin Dvorák, sondern eher an der eher belanglosen, mehr und mehr unansehnlichen Inszenierung von Sven Erich Bechtolf liegen mag, die bereits im Jänner 2024 zur Premiere kam und in der Aufführung am 2. April 2024 nunmehr erst ihre 24. Aufführung erlebt. Ein Kindermärchen stellt dieses Meisterwerk jedoch keineswegs dar, da zentrales Thema des Werkes die Angst einer jungen Frau vor ihrer erwachenden Sexualität ist, welche der Regisseur auch in den Fokus seiner Arbeit rückt, allein die Umsetzung im Hinblick auf das öde Bühnenbild und die bisweilen unpassenden Kostüme nicht wirklich gelungen erscheint, auch vermisst man eine wirklich subtile, psychologisch fundierte Personenregie, sind vor allem die ProtagonistInnen weitgehend auf sich allein gestellt.
Es entspricht der jahrzehntelang bestehenden Tradition im Repertoire an der Wiener Staatsoper, dass die musikalische Seite auch dieses Mal die szenische weit überragt, ist doch von einer ungemein stimmigen, stimmlich hochwertigen Aufführung zu berichten.
Das beginnt beim in allen Instrumentengruppen besten aufgestellten Orchester der Wiener Staatsoper, woraus an diesem Abend das Holz und das Blech hervorstechen. Am Pult setzt Dirigent Tomás Hanus starke wie ungemein fließende Akzente, indem er die Musik in ihrer ganzen Pracht schwelgen lässt, das böhmische Kolorit stark betonend, herausstreichend.
Und auch die Besetzung wird hohen Ansprüchen gerecht. Die kleinen Rollen sind allesamt gut aus dem Ensemble bzw. dem Opernstudio besetzt: Stefan Astakhov (Heger), Margaret Plummer (Küchenjunge), Nikita Ivasechko (Jäger) und Anna Voshege, Juliette Mars und Daria Sushkova (Elfen). Okka von der Damerau ist eine stimmlich mächtige, wenngleich wenig dämonische Jezibaba, Eliska Weissova eine prächtige, ebenso stimmstarke fremde Fürstin; vielleicht wäre es besser gewesen, was eine rollenimmanente Gestaltung betrifft, die beiden Sängerinnen hätten ihre Partien getauscht. Auch Adam Palka singt den Wassermann ausgezeichnet – groß, stark und profund, mit sicher geführter Bassstimme. Corinne Winters als Rusalka bewegt, berührt mit ihrem flutenden Sopran, ist vielleicht für die Rolle zu leidenschaftlich, was ihr durch und durch passioniertes Singen betrifft. Pavel Cernoch als Prinz überzeugt durch lyrische Emphase und ungemein slawischen Schmelz, sein baritonal gefärbter Tenor geht, was die Phonation betrifft, jedoch in manchen Passagen im großen Haus an seine Grenzen. Das Publikum jubelt zum Schluss jedoch völlig zu Recht über eine musikalisch gelungene Aufführung.