Kontrastreich: Das Hagen Quartett im Wiener Konzerthaus

Das Hagen Quartett nach seinem letzten Zykluskonzert dieser Saison © Thomas Rauchenwald

Am 18. Juni 2024 gibt das Hagen Quartett sein letztes Zykluskonzert dieser Saison im Mozart-Saal des Wiener Konzerthauses und bleiben, wohl aufgrund des heiß schwülen Klimas an diesem Tag, bedauerlicherweise viele Plätze leer, obwohl das Programm spannend, weil sehr kontrastreich gestaltet ist.

Eröffnet wird mit dem 1797 entstandenen Streichquartett B-Dur Hob. III/78, „Sonnenaufgang“, dem vierten der sechs „Erdödy-Quartette“ op. 76, das seinen Beinamen dem Violinthema des ersten Satzes, das über einem ausgehaltenen Akkord der Unterstimmen aus der Tiefe nach oben strebt, verdankt. Zu bewundern ist wiederum harmonisches, hervorragend abgestimmtes Zusammenspiel, das Haydns rhetorisch entwickelten Stil vollends zur Geltung bringt. Darauf folgt das Streichquartett F-Dur, entstanden 1902-1903, aus der Feder von Maurice Ravel, des Komponisten einziger Gattungsbeitrag. In Anlehnung an die Tonsprache Claude Debussys ist hier ein Werk entstanden, das harmonisch kühn, rhythmisch stark und gleißend, feurig, jugendlich, durchzogen von Licht und Duft der südwestfranzösischen Atlantikküste, daherkommt. Der Formation mit seinem auffallend schnörkellosen, vibratoarmen Spiel gelingt eine zwingende Umsetzung wie aus einem Guss des mannigfaltigen Werkes, die bereits den Jubel des Publikums vor der Pause herausfordert.

Nach der Pause steht dann das letzte der späten Quartette von Ludwig van Beethoven, das 1826 entstandene Streichquartett F-Dur op. 135 auf dem Programm. Neben einem seine ganze motivische Komplexität nahezu sezierenden ersten, einem betont humorig interpretierten zweiten Satz und einem mit sprühender Energie musizierten Schlusssatz begeistert der dritte Satz des Werkes, ein bewegend musiziertes Lento assai, cantante e tranquillo, wo, Beethovens Satzbezeichnung ganz ernst genommen, beim höchst konzentrierten, spannenden Spiel der „Hagens“ die Zeit still zu stehen scheint.

Auf die Begeisterung des Publikums folgt als Zugabe noch das 1890 entstandene Streichquartett »Crisantemi«. Alla memoria di Amadeo di Savoia, Duca d’Aosta, von Giacomo Puccini. In der nächsten Saison widmet sich das Hagen Quartett in seinem Zyklus vorwiegend Quartetten von Haydn, ergänzt mit Werken von Schumann, Brahms und Janácek.

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

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