Strauss in Cinemascope – Gustavo Dudamel und die Wiener Philharmoniker in Salzburg

Gustavo Dudamel und die Wiener Philharmoniker in Salzburg © SF/Marco Borrelli

In ihrem vierten Konzertprogramm bei den Salzburger Festspielen haben die Wiener Philharmoniker nur Werke von Richard Strauss auf ihren Notenpulten liegen und werden mit dem Dirigenten Gustavo Dudamel nach der Wiedergabe der Tondichtung „Eine Alpensinfonie“ op. 64 nach der Matinée am 25. August 2024 im Großen Festspielhaus vom Publikum frenetisch gefeiert. Dieses für großes Orchester gesetzte, 1915 in Berlin uraufgeführte Werk ist ein Paradestück des Orchesters, das es immer wieder gerne auf ihre Konzertprogramme setzt. Die großräumige Breitwandakustik der Spielstätte eignet sich auch hervorragend, um all‘ den schimmernd sinnlichen Streicherglanz, das farbige Holz und das runde Blech bei kompakt homogenen, vollen Orchesterklang vollends zum Entfalten, zum Leuchten, zum Strahlen zu bringen. Herrliche Klangkultur dominiert diesen Vormittag, das in allen Gruppen blendend disponierte Orchester wartet zudem mit ungeheurer Brillanz auf. Dudamel am Pult kostet alle diese Tugenden des Orchesters aus, setzt, auswendig dirigierend, auf vorbildliche Transparenz bei großem Klang, und führt, konzentriert auf die großen Bögen des Werkes, die Formation straff durch diese Gebirgswanderung, sodass das Zuhören zur reinsten Freude gerät, da der Raum von den Orchesterwogen in cinemascopeartigen Breitwandsound in eindrucksvoller Manier geflutet wird. Dass diese Tondichtung, die wohl reichste, raffiniertest instrumentierte, klangsensualistische aus der Feder des Komponisten auch eine durch und durch philosophische Wanderung vom Anbeginn bis zum Ende des Lebens, ja den Lebenszyklus schlechthin, darstellt, wie es Christian Thielemann und Franz Welser-Möst mit diesem Orchester an diesem Ort werkimmanent, jeder auf seine Art und Weise, interpretiert haben, vermisst man allerdings an diesem schwelgerischen, prächtig klangsatten philharmonischen Vormittag: Dieser Aspekt bleibt dem sympathischen Dirigenten, der auch zu einem popkulturellen Phänomen durch die musikalische Leitung von Filmproduktionen wurde, noch fremd.

Richard Strauss‘ eigener Lebenskreis schloss sich mit „Vier letzte Lieder“ für Sopran und Orchester, 1950 posthum in London uraufgeführt, die vor der Pause zur Aufführung gelangen. Einen Vergleich mit den größten Interpretinnen wie beispielsweise Elisabeth Schwarzkopf, Gundula Janowitz oder Jessye Norman anzustellen, wäre ungerecht, die Sopranistin – und Salzburger Publikumsliebling schlechthin – Asmik Grigorian findet aber durchaus einen eigenen Interpretationsweg. Mag ihre Stimme in der Höhe an diesem Vormittag ein wenig schrill wie ihre deutsche Artikulation noch verbesserungswürdig erscheinen, vermag sie mit Schlichtheit im Vortrag, gebettet auf den herrlichen Orchesterklang der Wiener Philharmoniker, Konzertmeister Volkhard Steude steuert ein gefühlvolles Violinsolo bei, mit ihrer Art der Gestaltung der Lieder zu ergreifen, zu berühren. Stehende Ovationen es Publikums naturgemäß bereits nach dem ersten Teil des Konzertes.

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

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