„Komponieren besteht für mich aus Verzauberung der Zuhörer durch Klang… Mich interessiert die Technik, mit der ich das Unglaubliche zum Klingen bringen kann. In der Oper wird das geradezu gefordert.“ (Peter Eötvös)
Eine der prägendsten Persönlichkeiten der zeitgenössischen Musik, der am 2. Januar 2024 noch seinen 80. Geburtstag gefeiert hatte, der 1944 in Transylvanien geborene, ungarische Komponist, Dirigent und Lehrer Peter Eötvös, ist am 24. März 2024 in Budapest gestorben, wie seine Familie nunmehr mitteilte.
Bei Zoltán Kodály studierte er von 1958 bis 1965 Komposition und Klavier an der Musikakademie in Budapest, an der Kölner Musikhochschule setzte er dann sein Dirigierstudium fort, danach war er in den 1970er-Jahren am Kölner Studio für elektronische Musik des WDR. Als künstlerischer Leiter des Ensemble Intercontemporain brachte er in den Jahren von 1979 bis 1991 über 200 Werke der neuen Musik zur Uraufführung. Seit den 1980er-Jahren arbeitet er als Gastdirigent mit den bedeutendsten Orchestern der Welt zusammen. 1991 gründete Eötvös das eigene Internationale Eötvös Institut für junge Dirigenten und Komponisten in Budapest. Zwischen 1992 und 1998 und erneut ab 2002 unterrichtete er an der Karlsruher Musikhochschule, dazwischen hatte er eine Professur an der Kölner Musikhochschule inne. Als Dirigent wurde Eötvös regelmäßig von namhaften europäischen Orchestern wie den Berliner und Wiener Philharmonikern eingeladen, zudem arbeitet er regelmäßig an Opernhäusern wie dem Teatro alla Scala, dem Royal Opera House, dem La Monnaie in Brüssel und an der Wiener Staatsoper sowie bei den Festivals von Glyndebourne, Aix-en-Provence und den Salzburger Festspielen. Bis heute gibt er weltweit regelmäßig Meisterkurse und Seminare, 2004 gründete er die Peter Eötvös Contemporary Music Foundation zur Förderung von KomponistInnen und DirigentInnen.
Sein umfangreiches kompositorisches Werk umfasst Solowerke, Ensemble- und Kammermusik, Vokalwerke und elektronische Werke, Orchesterwerke, vor allem aber Bühnenwerke wie „Tri sestri“,nach Anton Pawlowitsch Tschechow, „Angels in America“, basierend auf Tony Kushners Kult-Theaterstück, „Love and Other Demons“, zurückgehend auf den Roman des Literatur-Nobelpreisträgers Gabriel García Márquez, „Paradise reloaded (Lilith)“, „Der Goldene Drache“, „Die Tragödie des Teufels“, „Senza sangue“ und „Schlaflos“, basierend auf dem Roman „Trilogie“ vom Literatur-Nobelpreisträger Jon Fosse.
Zahlreiche Preise unterstreichen Leistung und Bedeutung dieses musikalischen Avantgardisten allererster Güte. Er erhielt u. a. den Bartók-Preis (1997), den Grand Prix de le Critique (1998), den Echo Klassik (2000), den Kossuth-Preis und den Royal Philharmonic Society Music Award (2002), den Cannes Classical Award (2004), den Frankfurter Musikpreis (2007), den Goldenen Löwen der Biennale di Venezia (2011), den Ungarischen Sankt Stephans-Orden (2015) sowie die Goethe-Medaille (2018).
Peter Eötvös als umfassender Musiker begriff die Musik als intensive Kommunikation zwischen Komponisten, Interpret und Publikum. Gerade auch in den Orchesterwerken trat seine Fähigkeit hervor, außergewöhnliche Klangwelten zu erschaffen. Was Bühnenwerke betrifft, zählte er zu den erfolgreichsten Opernkomponisten unserer Zeit.
Die Welt verliert mit ihm als einen ungemein weltoffenen Charakter eine der wichtigsten Persönlichkeiten der neuen Musik.