Herausragend gediegen – Bruckners „Romantische“ mit dem BRSO unter Haitink

Bruckner 4 Haitink BRSO BR-Klassik

Die erste Fassung der Symphonie Nr. 4 Es-Dur WAB 104 mit dem Beinamen „Romantische“ von Anton Bruckner entstand bereits 1874. 1878 hat der Komponist ein völlig neues Scherzo komponiert und 1879/80 noch einmal das Finale überarbeitet. Die Uraufführung am 20. Februar 1881 in Wien mit den Wiener Philharmonikern unter Hans Richter geriet zu einem Triumph für Bruckner und hat die Betrachtung auf sein Werk vor allem in Wien im neuen Licht erscheinen lassen. Neben der Siebenten ist die Vierte mittlerweile wohl zur beliebtesten Symphonie von Bruckner avanciert.

Die Fassung von 1878/1880 hat der große niederländische, im Oktober 2021 verstorbene Dirigent Bernard Haitink mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in Konzerten im Jänner 2012 in der Philharmonie am Gasteig in München dirigiert. Den großen Bruckner-Dirigenten verband mit diesem Orchester eine jahrzehntelange, von höchster gegenseitiger Wertschätzung geprägte Zusammenarbeit. Bislang noch nicht veröffentlichte Live-Aufnahmen von herausragenden Konzerten Haitinks mit dem Orchester legt BR-Klassik jetzt vor und wohl weil 2024 ein Bruckner-Jahr bevorsteht, beginnt man mit der „Romantischen“.

Aufnahmetechnisch lässt die Einspielung keine Wünsche offen, das Klangbild ist klar und direkt. Gewiss, über den forsch zwingenden Zugriff der Gesamteinspielung der Symphonien von Bruckner aus den 1960-Jahren mit dem Concertgebouworkest Amsterdam verfügt Haitink 2012 nicht mehr, imponiert jedoch mit seiner großartigen Gestaltungskunst, wobei vor allem im ersten Satz wie im Finalsatz der ungemein organische Aufbau und die herausragende Disposition überzeugen und vermag der intensiv gesteigerte Ausklang im Finale besonders zu beeindrucken. Ruhig, seelenvoll entfaltet sich der zweite Satz, im dritten Satz regiert reine Brillanz im Orchester, dass sich in den Konzerten mit dem Altmeister gewohnt von seiner allerbesten Seite in allen Instrumentengruppen zeigt.

Auch wenn keine neuen Sichtweisen auf Bruckners Symphonie zu erwarten sind – wozu auch, wenn das Ergebnis so vorbehaltlos überzeugt – werden Bruckner-Freunde und alle die es noch werden wollen, ihre Freude mit der gediegenen Interpretation und der neuen CD haben (BR-Klassik, 900213).

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

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