„Ohne Grenzen“ – Musik kennt ja bekanntlich keine Grenzen – lautet das Motto des zum neunten Mal in Brünn stattfindenden Janàcek-Festivals tschechischer Musik, in dessen Zentrum natürlich die Musik des Weltmusik aus Mähren schaffenden Leos Janàcek, einem der wohl größten Söhne Brünns, steht. Einen speziellen Querschnitt durch Janáčeks Oeuvre bietet die Opernreihe des Festivals, wo insgesamt vier Opern aus seiner Feder gezeigt werden.
DIE AUSFLÜGE DES HERRN BROUCEK ins Jahr 1968: Robert Carsen inszeniert Janàceks eigentümlichste Oper
Eröffnet wird das Festival Janàcek Brno 2024 mit einer Neuproduktion – in Koproduktion mit dem Madrider Teatro Real und der Berliner Staatsoper Unter den Linden – der fünften Oper von Leos Janàcek, VYLETY PANE BROUCKOVY – DIE AUSFLÜGE DES HERRN BROUCEK, 1920 in Prag uraufgeführt, mit dem Libretto vom Komponisten und sieben anderen Textdichtern, nach Svatopluk Cech. Vollendet vor den Meisteropern aus Janàceks letzten Jahren, den vier sog. „Kamila-Opern“, gerät dieses sehr selten auf den Spielplänen stehende Werk, übrigens sein einziges, nicht in Brünn uraufgeführtes, abwechslungsreich, aufregend, ehrlich, empfunden, ernst, satirisch, skurril, warm, witzig und zart zugleich. Kurz gesagt, eine bemerkenswerte komische Oper, die zugleich amüsiert wie berührt – vorausgesetzt, ihre doch etwas krude Handlung wird überzeugend auf die Bühne gebracht.
Mit der Inszenierung betraut wurde der kanadische Regisseur Robert Carsen, dessen Inszenierungen weltweit für ihre Dramatik, ihre Poesie, ihren Humor und ihre Raffinesse höchste Beachtung finden. Und Carsen spürt auch dieser, dem ersten Präsidenten einer unabhängigen Tschecho-Slowakei – „Dem Befreier der tschechischen Nation, Dr. T. G. Masaryk“ – gewidmeten Werk, das im Grunde eine überbordende, übersteigerte Satire darstellt, ganz gehörig auf seine gewohnte, kunstvolle, tiefschürfende Art auf den Grund. Ist die Oper selbst bereits mit den Ausflügen, die das Faktotum Broucek im Bierrausch zu erleben glaubt und Reisen zum Mond und zu den Hussitenkriegen zu Beginn des 15. Jahrhunderts in Prag darstellen, reich an Ideen, verstärkt Carsen, unterstützt von Radu Boruzescu (Bühne), Annemarie Woods (Kostüme), Peter van Praet (Lichtdesign) und Dominik Zizka (Video), diese Dichte noch um ein Vielfaches. Entscheidend ist für ihn dabei das Jahr 1968: Folglich wird im ersten Teil des Werkes die erste Mondlandung der amerikanischen Mission „Apollo 11“ und das legendäre „Woodstock-Festival“ – sehr zum Amüsement des Publikums – in die Opernhandlung miteinbezogen. Nahezu Beklemmung erzeugt Carsen dann im zweiten Teil nach der Pause, wo nicht die Hussitenkriege thematisiert werden, sondern die Bestrebungen der tschechoslowakischen kommunistischen Partei unter Alexander Dubcek im Rahmen des „Prager Frühlings“ ein Liberalisierungs- und Demokratisierungsprogramm durchzusetzen, welches in Folge von der Sowjetunion dann ja bekanntlich niedergeschlagen wurde. Neben dem formidablen Einsatz von Videos in dieser Inszenierung begeistert der Regisseur wieder einmal durch perfekte, exquisite Personenführung wie Personenregie, wodurch das ganze Ensemble auch zu sehr guten schauspielerischen Leistungen animiert wird.
Wie der Stoff ist auch die Klangwelt des Stückes besonders, weil von allen Opern des Komponisten wohl am opulentesten, mit ungeheurem patriotischem Glanz – inspiriert von tiefem, eigenem Nationalstolz – orchestriert, sogar Dudelsäcke und eine Orgel, zusammen mit Glocken, werden äußerst wirkungsvoll eingesetzt. Diese Musik ist auch am Nachmittag des 3. November 2024 in hervorragenden Händen von Marko Ivanovic am Pult des Orchesters des Janàcek-Theaters Brünn, der ein musikalisches Fließen zu erzeugen imstande ist, worin die Spannung niemals nachlässt. Zarte lyrische Passagen, delikat gespielt, wie hymnische Steigerungen, gekonnt betont, machen auch die musikalische Seite dieser Neuproduktion zum Ereignis: Aus dem sehr gut aufgestellten Orchester ragen die präzis schmetternden, gestochen scharfen Trompeten besonders heraus, betont farbenreich wiedergegeben wird auch der impressionistisch wie warm instrumentierte Bläsersatz. In der Titelrolle des Matej Broucek aufgeboten ist ein Janàcek-Tenor per excellence, der aus Schottland stammende Nicky Spence, der mit seinem hellen, kräftigen, bestens fokussierten Charaktertenor für Furore sorgt. Aus dem übrigen Ensemble erbringen besonders gute Leistungen Daniel Matousek mit betont lyrischem, ganz feinem Tenor als Mazal sowie Doubravka Novotnà mit klarem, präsentem Sopran als Màlinka. Alle Mitwirkenden werden vom begeisterten Publikum am Ende lautstark gefeiert. Vor der Aufführung werden mit der „Leos Janàcek Gedenkmedaille“ der britische Musikwissenschaftler Nigel Simeone für die Popularisierung der Werke von Leos Janàcek und Nicky Spence für seinen Beitrag zur Aufführung von dessen Werken ausgezeichnet.
Emilia Marty als alte, einsame, eisige Frau: Dorothea Röschmann in VEC MAKROPULOS
Für die Hauptfigur – Emilia Marty – seiner 1928 in Brünn uraufgeführten Oper VEC MAKROPULOS – DER FALL MAKROPULOS empfand Leos Janàcek besondere Leidenschaft wie Mitgefühl – „Eine Schönheit, 300 Jahre alt – und ewig jung – aber nur ein ausgebranntes Gefühl! Brr! Kalt wie Eis! Aber ich werde es wärmer machen, damit die Leute Mitgefühl dafür haben. Ich werde mich noch in sie verlieben.“ – Die Uraufführung erlebte dann einen beispiellosen Triumph: „Die Kälte hatte einen unerwarteten Erfolg! Schüttelfrost lief jedem über den Körper. Man sagt, es sei mein größtes Werk!“ – wie sich der Komponist erinnert. Das Stück, das gewiss zu den besten Werken des Musiktheaters des 20. Jahrhunderts zu zählen ist, wird im Rahmen von Festival Janacek Brno 2024 nun in einer Produktion der Berliner Staatsoper unter Linden aus dem Jahr 2022, die zu diesem Zweck mit einem exzellenten Ensemble zum ersten Mal überhaupt in Brünn gastiert, gezeigt.
Wird die Hauptrolle – Emilia Marty ist eine der größten wie schönsten Herausforderungen für eine Singdarstellerin überhaupt – interpretiert wie am 16. November 2024 im Brünner Nationaltheater, muss man diese Frau einfach lieben. Dorothea Röschmann scheint nach ein paar Aufführungen in Berlin die überaus komplexe Rolle, die ein summa summarum sämtlicher Frauengestalten Janáceks darstellt, bereits verinnerlicht zu haben. Mit einem Totaleinsatz – darstellerisch fast bis zur Selbstentblößung, ja zur Selbstaufgabe, stimmlich mit enormer Intensität – wirft sie sich förmlich in diese Rolle, wobei es ihr gelingt, diese Intensität von Akt zu Akt zu steigern, um am Schluss gleichsam mit schier unfassbarem Gesangsmelos in der Rolle aufzugehen. Das Bekenntnis ihrer Liebe zu Pepi Prus – „Ja ho mela rada.“(„Denn ihn liebte ich wirklich.“) – , in der Wiederholung – „Jeho jsem mela rada,“ („Ja, den liebte ich wirklich.“) – noch eindringlicher, schleudert sie förmlich heraus und bewegt, ja berührt dann ungemein mit dem Bekenntnis „Ta hroznà samota!“ (Welch‘ furchtbare Einsamkeit!“) „Ich will, dass alle sie (Elina Makropulos) lieb haben. … Ohne Liebe geht es bei mir nicht!“ hatte Janácek an seine Angebetete und Muse Kamila Stösslová geschrieben – und Dorothea Röschmann vermag das einfach ergreifend umzusetzen. Selten hat man eine derartige Rollengestaltung – bar jeglicher Erotik, das Porträt einer alten, einsamen, eisigen, leeren, gequälten, lebensüberdrüssigen, seelisch ramponierten Frau – erlebt. Und wie Frau Röschmann in der fulminanten Schlussszene – wohl einer der packendsten, stärksten Opernschlüsse überhaupt – ihren herb kühlen, aber gleichsam sinnlichen Sopran strömen lässt und, wie von Janácek gefordert, dann wirklich singt und jegliche Deklamation hinter sich lässt, ist ganz großer Operngesang, ganz große Kunst.
Der Regisseur dieser Produktion von „Makropulos“, diese Dokumentation eines absurd komplexen Erbschaftsstreits, Kriminalstück, Metaoper mit einer Sängerin, die eine Sängerin spielt, Abhandlung über Sinn und Unsinn der Unsterblichkeit des Menschen heißt Claus Guth und der geht in seiner eigenen Art Janàceks Meisterwerk ganz auf den Grund. Die Vorlage von Karel Capek, die ja eine Komödie, keine kriminalistische Tragödie wie Janáceks Adaption derselben für die Oper darstellt, nie außer Acht lassend, entwickelt er eine kleinteilig kleinzeilige Inszenierung ganz im Einklang mit der aus der mährischen Sprachmelodie entwickelten, großartigen Musik Janáceks – ein Umstand, der der Regie gar nicht hoch genug angerechnet werden kann. Personenregie wie Personenführung sind höchst subtil, stark psychologisch fundiert und fokussiert, beinahe ein wenig surreal, auch im engen Einklang mit dem Stück stehend. Vor Beginn und vor jedem Akt gibt die Bühne jeweils einen Blick frei auf einen weißen, sterilen, vereisten Raum, wo man Atemgeräusche ähnlich eines in einem Sauerstoffzelt an eine Beatmungsmaschine angeschlossenen Menschen zu vernehmen meint. In diese Kälte zieht sich Emilia Marty mit Glatze immer wieder zum Umkleiden für den nächsten Akt zurück: Als Anspielung auf Eugene Ionescos „kahle Sängerin“? Als von Leben zu Leben mutierende Frau?
Dass man fast benommen, erschlagen und wie trunken nach dieser Musik in den Brünner Vollmond-Nachthimmel tritt, dafür sorgt zusätzlich Robert Jindra, Musikdirektor am Nationaltheater Prag, mit der groß und klangstark aufspielenden Staatskapelle Berlin. Schon zu Beginn in der Ouvertüre mit den Bläserfanfaren gelingt es hervorragend das wundersam geheimnisvoll hereinklingende, alchimistische Prag Kaiser Rudolfs II. einzufangen wie zu beschwören. Jindra und das hervorragend aufgestellte Orchester machen alle Instrumentallinien hörbar, steigern die Vehemenz und Spannung kontinuierlich, um den hymnisch hypnotischen Schluss in einer nahezu verklärten Apotheose triumphal ausklingen zu lassen: Genauso muss diese Musik, muss Janácek klingen. Trotz seines zwischendurch immer wieder mächtig aufrauschenden Dirigats ist Jindra der Bühne immer ein kongenialer Partner, deckt niemanden zu und trifft das tschechisch-mährische Idiom dieser Musik genau. Der warme, dunkel erdig grundierte Klang der Berliner Staatskapelle steht dabei im wunderbaren Gegensatz zur schroffen, bisweilen kalten wie dissonanten Partitur Janàceks.
Stark agieren an diesem Abend auch die Übrigen: Herausragend entpuppt sich dabei als echter Gegenspieler der Marty, der Einzige auf Augenhöhe, Adam Plachetka mit mächtigem Bariton als imposanter Baron Jaroslav Prus, ist Jan Martinik in diesem Spiel mit kräftigem Bass als Dr. Kolenaty tunlichst nicht zu unterschätzen und bemüht sich Ales Briscein mit dünnem, höhengefährdetem Tenor nach Kräften um lyrische Emphase in der undankbaren Rolle als Albert Gregor. Was die Tenöre – immer schwächelnd bei Janàcek – anbelangt, agiert Stephan Rügamer als Vitek am stärksten und wäre mit seinem hellen, aber kräftigen Tenor an diesem Abend wohl die geeignetere Besetzung für Gregor gewesen; rollenimmanent mit kleinem Tenor bemüht sich Linard Vrielink als Janek Prus. Rollendeckend besetzt sind die kleinen Partien, woraus Natalia Skrycka und Jan Jezek als Hauk-Sendorf herausragen.
Frenetischer Jubel des Publikums zu Recht nach dieser Aufführung: Wo immer diese Produktion noch gezeigt wird, sollte man wieder hin! Gestatten Sie mir noch anzumerken, dass selbst mein vierzehnjähriger Sohn, der die Aufführung spontan mitbesucht hat, im dritten Akt, wo Dorothea Röschmann alias Emilia Marty dann wirklich zu singen begonnen hat und im Gesang gleichsam verströmt ist, ganz gebannt zugesehen und zugehört hat.
JENUFA In der Urfassung von 1904 beim Festival Janàcek Brno 2024: Musikalisch höchst authentisch, mit mehr als entbehrlicher Regie
JENUFA, Oper in drei Akten, nach dem Schauspiel „Ihre Ziehtochter“ („Jeji pastorkyna“) von Gabriela Preissovà, mit dem Libretto vom Komponisten, brachte Leos Janàcek den Durchbruch und legte den Grundstein für weitere Erfolge. Heute wird die Oper zumeist in der »Brünner Fassung von 1908« aufgeführt, die das Ergebnis einer Reihe von Modifikationen, die Janáček vornahm, darstellt. Für eine Neuproduktion am Mährischen Theater Olmütz wurde nun als Koproduktion mit dem Nationaltheater Brünn als Teil des Festivals Janàcek Brno 2024 eine musikalische Bearbeitung der Erstfassung dieses Werkes aus dem Jahr 1904 vom Musikredakteur Mark Audus vorbereitet. Durch das Abtragen zahlreicher Schichten von Änderungen, die Janáček selbst und andere vorgenommen haben, ist es gelungen, eine ungemein starke Wirkung dieses Werkes zugänglich zu machen, weil Janàceks Emotionalität, Rohheit und Wahrhaftigkeit mit dieser Version am meisten zwingend umgesetzt werden.
Was die musikalische Seite betrifft, gerät diese Neuproduktion zur reinen Freude. Die Kräfte des Olmützer Theaters – der von Michael Dvoràk einstudierte Chor, vor allem aber das in allen Gruppen gut aufgestellte Orchester unter der vorwärtsdrängenden, niemals larmoyanten Leitung von Anna Novotnà Peskovà – treffen das mährische Idiom der großartigen Musik von Janàceks Urfassung, welche ideal für Produktionen in kleinen und mittleren Häusern geeignet ist, punktgenau, den schroffen, beinahe archaisch grobschlächtigen Charakter betonend und förmlich auf den Grund spürend. Zudem gibt es ein homogen kompaktes Ensemble auf der Bühne zu erleben: In den kleinen Rollen gefallen Jirì Pribyl (Stàrek), Helena Berànkovà (Karolka) und Anna Moriovà (Barena). Sylva Cmugrovà ist eine der Inszenierung entsprechende noch junge Großmutter Burya, auch mit attraktiver Stimme. Die beiden Tenöre – wie fast immer bei Janàcek – singen mit gewohnt schwächelnder Attitüde, Raman Hasymau kommt als Steva Buryja besser zur Geltung als der etwas blasse, in der Höhe angestrengte Josef Moravec als Laca Klemen. Sehr gut besetzt sind allerdings die beiden Hauptrollen: Barbora Pernà als berührende Jenufa mit herb kühlem Sopran mit leichten Höhenschärfen sowie Eliska Gattringerovà, Gastkünstlerin aus Prag, die als mächtige, imposante gleichsam bewegende Kostelnicka den Abend dominiert und der gewiss auch die beste stimmliche Leistung an diesem 20. November 2024 im Mahenova Divadlo Brno – im alten Janacek-Theater in Brünn, wo alle Opern Janàceks, ausgenommen „Broucek“, zur Uraufführung gelangten – zu attestieren ist.
Die betont moderne Inszenierung gefällt in Bezug auf eine zwingende Personenregie wie psychologisch fundierte Personenführung und heutige Ausstattung (Irina Moscu). Ansonsten erscheint der Inszenierungsansatz von Regisseurin Veronika Kos Loulovà, Dramaturgie: Marta Ljubkovà, nicht nur problematisch, sondern bedauerlicherweise mehr als entbehrlich. Bevor die Musik einsetzt, ist die Bühne mit einem Vorhang verhangen, wo teilweise „The Great Wall of Vulva“ von Jamie McCartney zu sehen ist. Weshalb? Mit der derselben, nicht nachvollziehbaren Peinlichkeit könnten auch Fotos großdimensionierter männlicher Geschlechtsorgane à la Robert Mapplethorpe die Vorstellung einleiten. Das Regieteam hat die Produktion in Zusammenarbeit mit Kundinnen der Organisation „A Mother’s Smile“, die Frauen mit psychischen Problemen, vor allem Depressionen, nach der Geburt unterstützt. Authentische Tagebucheinträgen und Zeugnisse, während der Musik gesprochen eingeschoben (!), sollen laut Regisseurin „der Produktion eine tiefe Wahrheit und Menschlichkeit verleihen“, nach der orchestralen Schlussapotheose der Urfassung Janàceks ist noch, völlig unpassend, ein Song zum Thema in Discomanier zu hören. Jenufa hat offenbar die Katastrophe der Handlung in dieser Version nur geträumt, erscheint doch ihr Knabe orchesterbegleitet zuvor noch kerngesund auf der Bühne? Ob ein derartiges Crossover mit Müttern, die eine rein weibliche Perspektive auf das Schicksal von Jenufa werfen, dazu führen, dem Ziel des Festivals Janàcek Brno entsprechend, neue Perspektiven auf Janáčeks Opernwerk zu eröffnen, mag jede/r im Publikum selbst beurteilen, das Brünner Publikum hat die szenische Seite dieser Neuproduktion von „Jenufa“ jedenfalls überwiegend abgelehnt.
PRYHODY LISKY BISTROUSKY – leider nein …
Janáček selbst schrieb am Ende seines Lebens „Ich schrieb es für die Freude und Traurigkeit meiner späteren Jahre.“ – PRYHODY LISKY BISTROUSKY – DIE ABENTEUER DER FÜCHSIN SCHLAUKOPF, uraufgeführt in Brünn am 6. November 1924. Der feierliche Abschluss des gesamten Festivals Janàcek Brno 2024 mit einer Festaufführung am 24. November 2024 im Nationaltheater Brünn in einer Inszenierung von Jiří Heřman und unter der musikalischen Leitung von Marko Ivanović sein konnte bedauerlicherweise aufgrund einer bei mir auftretenden plötzlichen Erkrankung nicht mehr besucht werden.
Abgerundet bzw. ergänzt wurden die drei Ausflüge nach Brünn mit Besichtigungen dreier bedeutender Bauwerke in der schönen Hauptstadt Mährens.
Auf dem Petrov-Hügel im Stadtzentrum gelegen, dominiert die Silhouette der St. Peter und Paul – Kathedrale (Katedrála sv. Petra a Pavla) das Stadtbild von Brünn mit ihrer interessanten Mischung aus romanischem, gotischem und barockem Baustil: Der Aufstieg unter das Dach der Kathedrale lohnt mit einem fantastischen Blick auf die Stadt Brünn, ebenso die Betrachtung einiger Stationen des modern gestalteten Kreuzwegs im Kirchenraum.
Die Villa Löw-Beer wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Brünner Textilfabrikanten Moritz Fuhrmann erbaut. In den Jahren 1913-1939 gehörte sie Alfred Löw-Beer, einem jüdischen Großindustriellen, nach dem sie auch ihren heutigen Namen trägt. Dieser schenkte einen Teil des Gartens Ende der 1920er Jahre seiner Tochter Greta, die dort 1929-1930 mit ihrem Mann ein Wohnhaus errichtete – heute ein UNESCO-Weltkulturerbe, die berühmte Villa Tugendhat. In diesem Jahr feiert Leos Janàceks Oper „Das schlaue Füchslein das 100-jährige Jubiläum ihrer Uraufführung, die am 6. November 1924 in Brünn stattfand. Die Geschichten über die listige Füchsin, die der Journalist und Schriftsteller Rudolf Těsnohlídek nach den Bildern von Stanislav Lolek verfasst hatte, wurde zuerst in Teilen in „Lidové noviny“ veröffentlicht: Eine kleine, feine Ausstellung darüber in der Villa ist Teil des Begleitprogramms zum diesjährigen Festival Janáček Brno.
Selten bekommt man ein derartig vollendetes Bauwerk zu sehen wie die Villa Tugendhat, ein von 1929 bis 1930 in vierzehn Monaten nach den Plänen von Ludwig Mies van der Rohe errichtetes Wohnhaus für das Unternehmer-Ehepaar Fritz und Grete Tugendhat, Eltern des deutschen Philosophen Ernst Tugendhat und der Kunsthistorikerin Daniela Hammer-Tugendhat. Gleichzeitig mit Mies‘ Barcelona-Pavillon entstanden, zählt die Villa zu den bedeutendsten Bauten eines der berühmtesten und besten Architekten überhaupt nicht nur in Europa und gilt als ein Meilenstein moderner Architektur – ähnlich der Villa Savoye von Le Corbusier und dem Haus Schminke von Hans Scharoun. Wer das Glück hat, Tickets für eine der heiß begehrten Führungen durch das Innere der Villa buchstäblich zu ergattern, wird sich, falls gelesen, an diese Zeilen erinnern.
Abschließend darf man schon heute auf die zehnte Auflage von Janàcek Festival Brno in zwei Jahren, 2026, gespannt sein.