Im vierten und letzten Konzert ihrer vierteiligen Gesamtaufführung der vier Symphonien und der vier Instrumentalkonzerte von Johannes Brahms im Wiener Konzerthaus präsentieren das Budapest Festival Orchestra unter seinem Gründer und Chefdirigenten Iván Fischer die erste Symphonie und erste Klavierkonzert.
Zum eindrucksvollen Höhepunkt des Konzertes am 18. November 2024 im Großen Saal des Wiener Konzerthauses gerät die erstklassige Wiedergabe des Klavierkonzertes Nr. 1 d-moll op. 15 von Brahms, das oft als „Symphonie mit obligatem Klavier“ aufgefasst wird. Ivan Fischer und Sir Andràs Schiff schlagen einen auf den ersten Höreindruck verhaltenen, beinahe gemächlichen Ton an, lässt man sich aber auf die Eigenart dieser Interpretation ein, merkt man bald, dass hinter dieser scheinbar gemütlichen Fassade mit breiten, getragenen Tempi unentwegt spannungsgeladene Abgründe zum Vorschein kommen. Der Pianist auf seinem Steinway spielt nahezu schnörkellos, fast ohne Pedal, die geballten Akkorde nur so herausmeißelnd, innig gesangvoll die lyrischen Abschnitte. Das Idiom des Werkes – den tragischen Charakter des ersten und den weihevoll ausschwingenden Ansatz des zweiten Satzes, beide wohl unter dem Eindruck des Suizidversuches von Robert Schumann, des väterlichen Freundes von Brahms, entstanden, sowie dem schwungvoll vorwärtsdrängenden dritten Satz – trifft er fabelhaft. Zu hören ist an diesem Abend – neben einer höchst spannenden wie interessanten – eine intelligente, homogene und auf Transparenz ausgerichtete Interpretation, wo gegenseitiges Geben und Nehmen sowie unabdingbares Aufeinander Hören zwischen dem Solisten und dem Orchester betont im Vordergrund stehen. Für das heftig akklamierende Publikum spielt der von Queen Elizabeth II. 2014 in den Adelsstand erhobene und 2024 mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnete Sir Andràs Schiff Brahms‘ „Albumblatt“ als Zugabe.
Nach der Pause hört man die Symphonie Nr. 1 c-moll op. 68, oft als „Beethovens Zehnte“ bezeichnet, selten so forsch, schroff und zügig wie an diesem Abend vom ungarischen Orchester unter seinem Chef aufgeführt. Auffällig sind die herausragenden, feinen Holzbläser und die stimmigen, herb warm gestrichenen Celli, Oboe und Horn werden von hervorragenden Solisten gespielt; überschäumende Musizierlust prägt diese Interpretation.
Als Zugabe formiert sich das Orchester, um Brahms‘ „Es geht ein Wehen“ op. 62/2 im Chor zu singen (!). Eingeleitet wurden der erste Teil des Konzertes von Brahms‘ Ungarischen Tanz Nr. 1 g-moll in der Fassung für Orchester, der zweite Teil von Brahms‘ Ungarischen Tanz Nr. 11 d-moll in der Bearbeitung für Orchester: Den ungarischen Tonfall der Stücke trifft das Orchester naturgemäß punktgenau.