Der Mongolenherrscher als Schokokönig – Antonio Salieris „Kublai Khan“ im MQ

"Kublai Khan" von Antonio Salieri im Museumsquartier © Herwig Prammer

Auch in der letzten Premiere der aktuellen Saison, die im Museumsquartier über die Bühne geht, im Herbst soll das MusikTheater an der Wien ja wieder in sein Stammhaus an die Linke Wienzeile rückübersiedeln, wird das Haus seinem Ruf als innovativstes Opernhaus Wiens gerecht. Nur ist die aktuelle Neuproduktion weniger gelungen als sonst, was weder am wie immer ausgezeichneten, von Juan Sebastian Acosta einstudierten, Arnold Schoenberg Chor, weder an den warm timbrierten, mit feinem Originalklang musizierenden Les Talens Lyriques unter der Leitung von Christophe Rousset liegt, letztgenannte Formation sogar für eine präzis schwungvolle Umsetzung der von Antonio Salieri komponierten, irgendwo zwischen Mozart und Rossini changierenden Musik, sorgt. Salieris Musik hat durchaus ihren Charme, vom Mozart-Hasser, wie gerne kolportiert, kann beim Wiener Hofkapellmeister keine Rede sein, die überragende Qualität des mozart’schen Genius erreicht sie jedoch nicht, weshalb das gezeigte Stück, „Kublai Khan“, mit dem Libretto von Giovanni Battista Casti, keinen Einzug ins Opernrepertoire halten wird.  Bei diesem Werk handelt es sich um ein dramma eroicomico in zwei Akten, das eine beißende Satire auf den russischen Zarenhof darstellt, und dessen Uraufführung 1788 aus Gründen der politischen Räson von Kaiser Joseph II. verboten wurde.

Hätte sich die Uraufführung der italienischen Fassung, die nunmehr am 6. April 2024 im Museumsquartier zu sehen war, mit dem Original Salieris begnügt, wäre der Premierenerfolg wahrscheinlich größer ausgefallen, als die gezeigte Version, die dem Publikum eine banale, bisweilen sogar lächerliche Verballhornung von Salieris Original präsentiert. Hier bekämpfen sich denn zwei Schokoladefirmen um Kublai-Schokokugeln, es herrscht aktuelle political correctness, indem der Ukraine-Krieg, der weltwirtschaftliche Wettlauf zwischen den Supermächten USA und China, Genderfragen, Themen betreffend gleichgeschlechtliche Lebensweise bzw. Transgender in den Fokus der schrillen, grellbunten, bisweilen geschmacklosen Inszenierung von Martin G. Berger gerückt werden. Das Sängerensemble, aus dem niemand herausragt, genannt sei der Sänger der Titelrolle, der italienische Bassist Carlo Lepore, wirkt homogen. Quasi als Moderator taucht Antonio Salieri höchstpersönlich, weitgehend humorig verkörpert von Georg Wagner-Trenkwitz, immer wieder in der Szene auf. Dieses Mal gibt’s im Museumsquartier am Schluss nur lauen Applaus, durchmischt von heftigen Buhrufen.

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

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