Die Wiener Staatsoper hat einen neuen DON PASQUALE: Erwin Schrott

Davide Luciano (Dr. Malatesta) und Erwin Schrott (Don Pasquale) © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Die italienische Oper des 19. Jahrhunderts verfügt über drei Werke der Gattung opera buffa, die zu den absoluten Meisterwerken des Repertoires überhaupt zu zählen sind: Neben Gioacchino Rossinis „Il barbiere di Siviglia“, Rom 1816, und Giuseppe Verdis Alterswerk „Falstaff“, Mailand 1893, ist noch „Don Pasquale“, 1843 Paris, von Gaetano Donizetti zu nennen. Die Wiener Staatsoper hat alle drei Werke in mehr oder weniger gelungenen Inszenierungen im Repertoire.

Dass Oper wie am Abend des 12. November 2024 großen Spaß und Freude macht, daran hat auch die ansehnliche Inszenierung von Irina Brook, die nunmehr seit 2015 gezeigt wird, regen Anteil. Personenregie wie Personenführung sind so gehalten, dass die jeweilige Besetzung ihre eigene Persönlichkeit unschwer einbringen kann, das Szenische kommt in der Arbeit von Frau Brook ganz aus der Musik – wie`s sein soll im Musiktheater, ohne entbehrliche Ablenkungen von choreografischen Elementen oder Videozuspielungen, die nur von Musik und Werk ablenken. In der schrillen, mitunter schrägen, parodistischen Inszenierung in farbenfroher, ja grellbunter Ausstattung dominiert komödiantische Humorik, hin und wieder scharf an der Grenze zum Klamauk.

Spannend an der aktuellen Aufführungsserie von Donizettis dreiaktigem dramma buffo mit dem Text von Giovanni Ruffini und dem Komponisten selbst war aber vor allem die musikalische Seite. Die einfalls- wie abwechslungsreiche, überwiegend spritzige, fein komödiantische Musik, die aber auch einige lyrische, idyllische und melancholische Züge trägt – orchesterbegleitete Rezitative und eine feine Harmonisierung wie Instrumentation weisen bereits in Richtung einer gewissen Modernisierung der Oper – ist beim spielfreudigen Orchester der Wiener Staatsoper unter der Leitung von Giacomo Sagripanti in guten Händen. Der Dirigent verfügt über Schwung und Brio, den eleganten Buffo-Ton des Werkes trifft er punktgenau, steigert ihn zu wirbelnder Rasanz, sodass sich die spezifische Eigenart von Donizettis Musik wunderbar entfalten kann. Partiturkenntnis, Stilgefühl und sichere Schlagtechnik – diese Attribute weisen Sagripanti als italienischen „Maestro“ großer Güte aus, der mit feinem, geschmeidigem Musizieren zu überzeugen weiß.

In der Titelrolle konnte nun der uruguayische Bassbariton Erwin Schrott endlich sein bereits vor ein paar Jahren geplantes Rollendebüt an der Wiener Staatsoper feiern. Den alten, lüsternen Galan spielt er köstlich, vor allem zieht er an diesem Abend aber auch mit seiner sicher fokussierten Stimme alle Register der Gesangskunst, indem er als saftig polternder Komödiant ebenso stark überzeugen kann wie mit rasant plapperndem Parlando-Stil. Die Rolle könnte zu einer Paraderolle des Publikumslieblings werden und wer weiß, vielleicht wagt sich Schrott in ein paar Jahren ja auch noch an Verdis „Falstaff“. Dr. Malatesta ist mit dem Bariton Davide Luciano erstklassig besetzt, der Italiener ist Schrott stimmlich gewiss ebenbürtig, weshalb das Duett der beiden im zweiten Akt – sehr zur Freude des Publikums wiederholen die beiden sogar den Schluss der Nummer – zum Höhepunkt des Abends gerät. Das junge Liebespaar Ernesto und Norina geben Edgardo Rocha und Pretty Yende: Erstgenannter überzeugt mit feinem, ungemein stilsicherem, höhensicherem, bisweilen kleinem, ausbaufähigem tenore di grazia und verströmt die Zweitgenannte zauberhafte belcantistische Süße; sehr gut gelingen der sympathischen Sopranistin, die auch als behände Darstellerin gefällt, die glanzvollen Koloraturarien.

Das Publikum dankt den Ausführenden am Schluss mit starkem Beifall.

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

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