Derzeit noch designierter, ab Herbst 2024 dann amtierender Chefdirigent der Wiener Symphoniker, der 1986 geborene Tscheche Petr Popelka, ehemaliger stellvertretender Solokontrabassist der Staatskapelle Dresden, der zuletzt vor allem in Oslo und Prag gearbeitet hat, dirigiert am 11. April 2024 im Wiener Musikverein im Zyklus „Die große Symphonie“ zwei frühe Werke von Richard Strauss und ein spätes Werk von Antonin Dvorák. Und wie schon im Museumsquartier gegen Ende des vergangenen Jahres, als er dasselbe Orchester bei Jaromir Weinbergers „Schwanda, der Dudelsackpfeifer“ leitete, merkt man bereits zu Beginn des Konzertes, dass da wahrscheinlich eine sehr verheißungsvolle Partnerschaft ihren Lauf nimmt. Bedingt durch seine Tätigkeit im Orchester forciert der sympathische Mann am Pult gegenseitiges Zuhören der einzelnen, sichtbar mit großer Freude agierenden und bestens disponierten Instrumentengruppen, verfügt über eine blendende Schlagtechnik und weckt mit Virtuosität eine Klangsinnlichkeit und eine Vitalität wie man sie von Wiens Orchester, welches die meisten Konzerte der Stadt bestreitet, bereits länger in dieser Intensität nicht gehört hat.
Im ersten Teil des Konzertes erklingt das Konzert für Violoncello und Orchester h-moll op. 104 aus der Feder von Antonin Dvorák im Verein mit dem französischen Meistercellisten Gautier Capucon in einer Interpretation vom Feinsten. Das Instrument des Solisten, das Violoncello „L’Ambassadeur“ von Matteo Goffriler aus 1701 ist einfach herrlich gestimmt an diesem Abend und Capucon entlockt ihm einen fein gezogenen, warmen, mediterran glühenden Ton, der von Popelka und dem Orchester aufgenommen wird und zu einer wunderbaren Einheit verschmilzt. Capucon, selbst ein ausgewiesener Kammermusiker, tritt immer wieder in den Dialog mit den SolistInnen des Orchesters, besonders gelungen geraten die Passagen des Soloinstrumentes mit den Holzbläsern gegen Ende des zweiten und mit der Solovioline im dritten Satz. Popelka lässt naturgemäß das böhmische Kolorit des herrlichen Werkes durchschimmern, was einen einzigartigen Kontrast zur romanischen Interpretation Capucons ergibt. Der Publikumsjubel ist nach dieser Wiedergabe zwingend, Capucon bedankt sich, gemeinsam mit den Cellisten der Wiener Symphoniker, mit einer besonderen Zugabe, einem von ihm arrangierten „Lasst mich allein“ op. 82/1 von Dvorák.
Überschwang, Sturm und Drang des jungen, bereits meisterhaften Klangsensualisten Richard Strauss regieren dann im zweiten Teil des Konzertes, wenn die Wiener Symphoniker mit ungeheurer Verve, vorwärtsdrängendem Drive und großer Klangkultur bei „Don Juan“. Tondichtung nach Nikolaus Lenau op. 20 in seiner ganzen theatralischen Anschaulichkeit und das musikalische Schelmenstück „Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28, diese zur Musik gewordene Narrengrimasse, groß aufspielen. Besonders auffällig ist hier das schöne runde Blech und der zukünftige Chef zeigt, zur Freude des Publikums, was er kann.
Orchester wie Publikum dürfen sich auf viele gelungene Konzerte mit Petr Popelka freuen.