Eine Schwalbe im Haus am Gürtel – Puccinis „La rondine“ an der Volksoper Wien

Matilda Sterby (Magda) und Leonardo Capalbo (Ruggero) in "La rondine" © Barbara Pálffy / Volksoper Wien

Man findet das Werk heute selten auf den Spielplänen der Opernhäuser, die commedia lirica „La rondine“ mit der Musik von Giacomo Puccini und dem Libretto von Giuseppe Adami nach der deutschen Vorlage „Die Schwalbe“ von Alfred Maria Willner und Heinz Reichert. Kriegsbedingt 1917 in Monte Carlo uraufgeführt, findet das Stück, ursprünglich eine Auftragsoper für das Carltheater, nunmehr auch seinen Weg nach Wien. Dass das Werk nicht oft auf den Spielplänen zu finden ist, hat jedoch seinen guten Grund, ist doch die Musik nicht auf der Höhe wie die anderen, großen Werke von Puccini, welche Generationen von SängerInnen genährt hat und immer nähren wird. Und es liegt wohl auch an der Musik, die zwischen Walzerseligkeit mit Reminiszenzen an die Wiener Operette und leidenschaftlichen Opernpathos, wie wir es von Puccini gewohnt sind, changiert, dass der Neuproduktion in der Volksoper Wien bei der Premiere am 10. April 2024 kein wirklicher Publikumserfolg beschieden ist.

Alexander Joel am Pult des gut aufgestellten Orchesters der Wiener Volksoper setzt auf geschmeidig fließendes Musizieren wie lautstarke Dramatik, dieses gekonnt stilsichere Dirigat kann das Werk aber auch nicht retten, genauso wenig wie die ausgewogene Besetzung mit zwei Hausdebüts in den beiden Hauptrollen: Matilda Sterby als Magda de Civry mit ansprechendem, zu Beginn noch zu Höhenschärfen neigendem Sopran und Leonardo Capalbo als Ruggero Lastouc, der anfangs in den Orchesterwogen unterzugehen droht, sich nach der Pause aber zu leidenschaftlichem Tenorgesang mit lyrischer Emphase steigert. Timothy Fallon und Rebecca Nelsen gefallen als Prunier und Lisette, aus den kleinen Rollen ragen Julia Koci (Yvette), Johanna Arrouas (Bianca) und Stephanie Maitland (Suzy) heraus.

Unterdrückte Frauen, Geschlechterkampf, am Ende finden Magda und Lisette eine eigene, emanzipatorische Lösung, ziehen beide denn als selbständige Frauen ins Leben – das ist der Regieansatz, den Hausherrin Lotte de Beer mit ihrer Inszenierung humorig umsetzt. Dabei lässt sie auch den Schreibprozess selbst in die Aufführung einfließen, indem Libretto und ergänzende Texte von der Regisseurin und vom Dramaturgen Peter de Nuyl, auf ein übergroßes Papier projiziert, in Schreibmaschinenästhetik mitzulesen sind. Die durch und durch feministische Inszenierung, zu der Christoph Hetzer ein historisierendes Bühnenbild beigesteuert hat, prangert auch das Frauenbild das zur Entstehungszeit des Stückes die Gesellschaft geprägt hat, an; auch Puccinis Einstellung diesbezüglich würde heute wohl über wenig political correctness verfügen. Besonders sind auch die Kostüme von Jorine van Beek, die Kleider aus dem Fundus herausgenommen, einfach neu verwertet und keine neuen Stücke anfertigen lässt.

Gespielt wird übrigens die Originalversion des Werkes von 1917, ohne die Arie für Ruggero im ersten Akt. Der Schluss wird leicht geändert: „Ganz im Sinne Puccinis habe ich ein paar Hauptmotive des Stücks zu einer musikalischen Reminiszenz collagiert. Jede Note stammt aus der Oper selbst.“ – so der Dirigent selbst über seine interessante, dem Stück gerecht werdende Arbeit.

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

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