Beinahe zehn Jahre ist es her, dass Jonas Kaufmann, der noch immer zu den bedeutendsten Tenören der Welt zählt, als Canio in I PAGLIACCI von Ruggiero Leoncavallo bei den Salzburger Osterfestspielen sein Rollendebüt gab. In einer Repertoireserie an der Wiener Staatsoper – die Inszenierung von Jean-Pierre Ponnelle aus dem Jahr 1985 leistet immer noch ihre mehr als guten Dienste – ist er nun wieder in dieser Partie zu erleben: Und obwohl die Stimme naturgemäß schwerer, noch dunkler geworden ist, vermag der Startenor und Publikumsliebling, der mittlerweile seit Herbst 2024 auch als Intendant der Tiroler Festspiele Erl tätig ist, auf allen Ebenen zu überzeugen. Gepaart mit einer ausgewiesenen Bühnenpersönlichkeit, mit der er zu einer bewegenden Darstellung der Rolle findet, begeistert er auch stimmlich mit einer intelligenten, intensiven Interpretation dieser Partie. Als Kuriosum am Rande – aufgrund seines baritonalen Timbres aber möglich und im Hinblick auf das Stück auch passend – gibt er vor geschlossenem Vorhang auch den Prolog und provoziert danach bereits den Jubel des Publikums. Im großen Monolog Canios singt er sich förmlich den Schmerz aus der Seele, die Raserei der Schlussszene beginnt er eher introvertiert, um die Steigerung dann umso glaubwürdiger zu gestalten, wenn er mit gewaltiger Phonation aufwartet. Dieses exzellente, superbe Rollenporträt wirkt noch lange nach.
Über ähnliches künstlerisches Niveau verfügt am Abend des 19. Januar 2025 in der Wiener Staatsoper nur noch Elina Garanca als Santuzza in CAVALLERIA RUSTICANA von Pietro Mascagni vor der Pause. Passioniert, höchst dramatisch singt sie mit ihrer perfekt geführten Mezzosopranstimme die leidende, verlassene, stolze Sizilianerin. Zur eher herben Enttäuschung gerät das Debüt des gehypten, in Chile geborenen und in New Jersey aufgewachsenen Tenors Jonathan Tetelman als Turiddu. Hochgelobt von der Kritik, ist da von einer eher belanglosen, wenig ausdrucksstarken, farblosen Tenorstimme zu berichten. Die übrige Besetzung ist solide: Adam Plachetka als Alfio in CAVALLERIA RUSTICANA und Tonio in I PAGLIACCI, Elena Zaremba als Lucia und Anita Montserrat bei Mascagni vor der Pause sowie Maria Agresta als Nedda, Stefan Astakhov als Silvio und Jörg Schneider als Beppo bei Leoncavallo nach der Pause.
Am Pult des Orchesters der Wiener Staatsoper lässt Nicola Luisotti die beiden veristischen Meisterwerken innewohnende, permanent brodelnde Unruhe vermissen und verwechselt bei eher mäßigen Tempi Dramatik und Leidenschaft oft mit Lautstärke. Flüssigkeit und Leichtigkeit bei den Phrasierungen wie den Übergängen, welche große Maestri wie Georges Pretre, Giuseppe Patanè oder Nello Santi bei solchen Partituren zauberten, vermisst man an diesem Abend schmerzhaft und auch die Koordination mit dem Chor auf der Bühne ist mitunter von Wacklern geprägt.