Lohengrin an der Deutschen Oper Berlin

Die Ausführenden beim Schlussapplaus nach LOHENGRIN an der Deutschen Oper Berlin © Thomas Rauchenwald

Die Musikdramen von Richard Wagner haben im Spielplan der Deutschen Oper Berlin einen zentralen Stellenwert und kommen Wagnerianer auch in der letzten Saison der Intendanz von Dietmar Schwarz diesbezüglich nicht zu kurz.

In der aktuellen Inszenierung von LOHENGRIN, der im August 1850 in Weimar uraufgeführten romantischen Oper in drei Aufzügen, die im Haus an der Bismarckstraße im April 2012 zur Premiere kam, spielt der Krieg eine große Rolle. Der Regisseur Kasper Holten zeigt bereits während des Vorspiels ein Schlachtfeld mit Leichen und ist der Aspekt des Krieges während der ganzen Inszenierung präsent. Dennoch ist die werkimmanente Regiearbeit aus der großartigen Musik Richard Wagners und aus dem Text des Komponisten entwickelt und kommen weder das Märchen vom Schwanenritter noch das tragische Scheitern einer großen Liebe zu kurz. Lohengrin ist bei Holten kein Sympathieträger, sondern ein Politiker, der selbstverpasste Schwanenflügel trägt, dem es im Grunde nur um die eigene Inszenierung geht. Mit Äußerlichkeiten ist heute in der Politik ungleich mehr zu gewinnen als mit problemorientierten Sachinhalten: schlüssig, zwingend wird dieser Umstand auf die Bühne gebracht, die Ausstattung von Steffen Aarfing ist gewissermaßen zwischen Anselm Kiefer und David Lynch angesiedelt. Lohengrin ist ein Machtpolitiker, der seinen Wahlkampf wie sein Werben um Elsa inszeniert. Am Schluss bleibt er vielleicht in Brabant. Herzog Gottfried wird tot aus dem Wasser geborgen, wer ihn wirklich getötet hat, bleibt offen. Die bildgewaltige Inszenierung mit ihren offenen Fragen überzeugt auch noch nach dreizehn Jahren.

Musikalisch erweist sich die Aufführung am 12. April 2025 als Glücksfall. Jeremy Bynes hat die Chöre wunderbar präpariert, gefühlvoll feiner wie prächtig schallender Chorgesang ist zu hören. Das Orchester der Deutschen Oper Berlin ist in allen Instrumentengruppen sehr gut aufgestellt, Dirigent Constantin Trinks setzt auf gestalterisch starke Akzente am Pult und auf höchst differenzierte Klangfarben, ist um einen betont schlanken Orchesterklang bemüht, was den überwiegend hellen, nicht allzu großen Gesangsstimmen enorm zum Vorteil gereicht. Die einzige Protagonistin, die aus diesem Konzept fällt, ist die mächtig imposante Nina Stemme, eine in bester Bayreuther Tradition stehende, echte Hochdramatische als Ortrud. Markant leiht Dean Murphy dem Heerrufer des Königs seine Stimme, Byung Gil Kim gibt einen mit warmem Bass gesungenen Heinrich der Vogler. Telramund ist mit Jordan Shanahan besetzt, der auch stimmlich ganz im Banne seiner Gemahlin steht, dennoch zwischendurch baritonal aufzutrumpfen vermag. Flurina Stucki singt mit sicher geführtem, jugendlich-dramatischem Sopran eine schön klingende Elsa von Brabant. In der Rolle des Lohengrins aufgeboten ist der deutsch-italienische Tenor Attilio Glaser, der die Rolle mit überwiegend jugendlichem Timbre statt heldentenoralen Stentortönen hervorragend zu gestalten weiß, sodass ein lyrischer Tenor mit strahlendem Belcanto-Klang zu erleben ist.

Zum Schluss gibt’s großen, für die Ausführenden verdienten Jubel vom Berliner Publikum.

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Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

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