Die italienische Oper des 19. Jahrhunderts verfügt über drei Werke der Gattung opera buffa, die zu den absoluten Meisterwerken des Repertoires überhaupt zu zählen sind: Neben Gioacchino Rossinis „Il barbiere di Siviglia“, Rom 1816, und Giuseppe Verdis Alterswerk „Falstaff“, Mailand 1893, ist noch „Don Pasquale“, 1843 Paris, von Gaetano Donizetti zu nennen.
Die Wiener Staatsoper hat alle drei im Repertoire in mehr oder weniger gelungenen Inszenierungen. An der aktuellen Aufführungsserie von Donizettis dreiaktigem dramma buffo mit dem Text von Giovanni Ruffini und dem Komponisten selbst gefällt zunächst vor allem die musikalische Seite. Die einfalls- wie abwechslungsreiche, überwiegend spritzige, komödiantische Musik, die aber auch einige lyrische, idyllische und melancholische Züge trägt – orchesterbegleitete Rezitative und eine feine Harmonisierung wie Instrumentation weisen bereits in Richtung einer gewissen Modernisierung der Oper – ist beim spielfreudigen, sehr gut aufgestellten Orchester der Wiener Staatsoper unter der Leitung von Marco Armiliato in den besten Händen. Armiliato verfügt über enormen Schwung und italienisches Brio, den eleganten Buffo-Ton des Werkes trifft er punktgenau, steigert ihn zu wirbelnder Rasanz, sodass sich die spezifische Eigenart von Donizettis Musik wunderbar entfalten kann. Die große Umsicht und rege Gewandtheit des Dirigenten zeigen sich vor allem in den heiklen Ensembleszenen, sein Musizieren mit dem Orchester und sein Atmen mit den Sänger*innen ist von absoluter Könnerschaft geprägt. Partiturkenntnis, Stilgefühl und brillante Schlagtechnik – diese Attribute weisen Armiliato als großen „Maestro“ in einer Reihe mit italienischen Spitzenkapellmeistern wie Tullio Serafin, Antonino Votto, Gianandrea Gavazzeni, Francesco Molinari-Pradelli, Giuseppe Patanè oder Nello Santi aus. Parallel zu „Don Pasquale“ leitet Armiliato derzeit eine Aufführungsserie von Giacomo Puccinis „La bohéme“ und hat dankenswerterweise auch die bevorstehende Premierenserie von dessen letzter Oper „Turandot“ von Franz Welser-Möst, der sich einer Therapie unterziehen muss, um Anfang des nächsten Jahres wieder ans Dirigentenpult zurückzukehren, übernommen.
In der Titelrolle aufgeboten ist ein absoluter Star des italienischen Repertoires – Ambrogio Maestri, der auch mit im Laufe des Abends ein wenig belegt klingender Stimme alle Register der Gesangskunst zieht, indem er als saftig polternder Komödiant ebenso stark zu überzeugen vermag wie mit rasant plapperndem Parlando-Stil. Als Dr. Malatesta bewährt sich wieder Ensemblemitglied Stefan Astakhov, als junges Liebespaar Ernesto und Norina geben Levy Sekgapane und Nina Minasyan Rollendebüts im Haus am Ring. Erstgenannter überzeugt mit feinem, ausbaufähigem wie höhensicherem tenore di grazia und verströmt wie Zweitgenannte zauberhafte belcantistische Süße, der Sopranistin gelingen nach etwas verhaltenem Beginn auch wunderbar die glanzvollen Koloraturarien.
Derart macht Oper Freude, wozu auch die ansehnliche, farbenfrohe Inszenierung von Irina Brook, die seit 2015 gezeigt wird, regen Anteil hat. Personenregie wie Personenführung sind so gehalten, dass die jeweilige Besetzung ihre eigene Persönlichkeit unschwer einbringen kann, das Szenische kommt in der Arbeit von Frau Brook ganz aus der Musik – wie’s sein soll im Musiktheater, ohne entbehrliche choreografische Elementen oder gekünstelte Videozuspielungen, die nur von Musik und Werk ablenken.
Das Publikum – auch viele junge Leute haben an diesem Abend den Weg in die Wiener Staatsoper gefunden – dankt den Ausführenden mit starkem Beifall.