Hatten Pianist Igor Levit, Dirigent Christian Thielemann und die Wiener Philharmoniker gemeinsam in den Abonnementkonzerten des Orchesters im vergangenen Dezember das zweite Klavierkonzert und die dritte Symphonie von Johanes Brahms zum Besten gegeben, standen nun im Goldenen Musikvereinsabonnement dessen erstes Klavierkonzert und seine zweite Symphonie in der Matinee am 14. April 2024 im Wiener Musikverein auf dem Programm.
Beim Klavierkonzert Nr. 1 d-moll op. 15 von Johannes Brahms handelt es sich eigentlich um eine Symphonie mit obligatem Klavier, eine Klaviersymphonie, wo das Soloinstrument perfekt in den dunkel düsteren Orchesterklang eingebettet ist, es durch die vollendete Meisterschaft des Komponisten jedoch gelingt, das Klavier als Primus inter Pares trotzdem individuell einzusetzen. Igor Levit und Christian Thielemann harmonieren bei ihrer Wiedergabe dieses Werkes auf wundersame Art und Weise, indem der Dirigent mit dem in allen Instrumentengruppen bestens aufgestellten Orchester dem Solisten einen herrlichen Klangteppich bereitet, der dessen gefühlvoll inniges wie gleichsam kraftvoll zupackendes Klavierspiel trägt und vollends zur Entfaltung bringt. Die bedeutungsvolle Rolle des Klaviers unterstreicht Levit mit glasklarem, mit wenig Pedal auskommenden, keineswegs virtuos dominierenden Klavierspiel. Der sonst ungemein individuell agierende Solist nimmt sich werkimmanent stark zurück, spielt keine selbständig konzertierende Rolle, sondern genießt es förmlich, in einen perfekt austarierten Dialog mit Thielemann und dem Orchester zu treten, am schönsten vielleicht im Dialog zwischen Klavier und Horn im dritten Satz. Nach der Kadenz des Klaviers und dem rasanten Dur-Ausklang des Werkes wird Levit lautstark vom Publikum gefeiert, eine Zugabe gibt es nicht.
Traurigkeit, Sehnsucht, unerfüllte Liebe – all‘ das schwingt immer mit in der warmen, ungemein reichen Musik von Johannes Brahms. Die Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 73, größtenteils 1877 komponiert während der ersten von drei aufeinanderfolgenden Sommeraufenthalten in Pörtschach am Wörther See, ist jedoch eine lichtdurchflutete mehr oder weniger programmatische Schilderung der blühenden Landschaft Kärntens. Mit ungeahnter Leidenschaft, virtuos, feingliedrig, ohne dicke, pastose Herbstfarben, sondern sommerlich frisch und hell lässt Thielemann das herrliche, unproblematische Werk erklingen und folgen ihm die Wiener Philharmoniker nur allzu gern bei allen Nuancen, die der Dirigent am Pult vorgibt, ja modelliert. Nach dem jubelnden, an Carlos Kleiber gemahnenden Abschluss der Symphonie kennt auch der Jubel des Publikums keine Grenzen.