Sie stellen so etwas wie eine Schicksalsgemeinschaft dar, die beiden in der Regel an einem Abend gegebenen Verismo-Reißer – „Cavalleria rusticana“, Melodramma in einem Aufzug, von Pietro Mascagni und „I Pagliacci“, Drama in zwei Akten und einem Prolog, von Ruggiero Leoncavallo. Hört man die intensive, blühende, glutvolle Musik, die beiden Werken, unter Betrachtung ihrer jeweiligen Eigenarten, gemeinsam ist, überwältigen Wahrheit, Intensität und Konsequenz der Emotionen.
Dieser theatralischen Realität auf den Grund zu gehen, versucht am Musiktheater Linz die Regisseurin Alexandra Liedtke, unterstützt von Raimund Orfeo Voigt (Bühnenbild) und Su Bühler (Kostüme), mit ihrer Inszenierung der beiden Stücke. Die Bühne stellt sich cinemascopeartig dar, Räume, für das Publikum frontal einsichtig, erweitern sich, verengen sich, derart werden Seelenräume geschaffen, das Seelenleben der Protagonisten schonungslos offenbart. Alles an dieser Inszenierung erinnert an großen Film, an großes italienisches Kino a la Francis Ford Coppola oder Sergio Leone. Personenführung und Personenregie geraten beispielhaft, sämtliche ProtagonistInnen glänzen darstellerisch, die Bewegungschoreografie (Paul Blackman), auch die des von der Regie blendend geführten Chores, unterstreicht die grausamen Handlungen beider Stücke.
Und auch die musikalische Umsetzung der beiden Werke in der Aufführung am 15. Mai 2024 im Musiktheater Linz kann sich hören lassen. Ganz hervorragend agiert der von Elena Pierini für seine schönen Aufgaben präparierte Chor des Landestheaters Linz. Das gut aufgestellte Brucknerorchester Linz spielt die Verismo-Stücke großsymphonisch, Dirigent Claudio Novati setzt auf spannungsgeladene, im ersten Stück eher getragene Tempi, „Cavalleria rusticana“ hätte durchaus mehr Blut und Glut vertragen. Im zweiten Stück betont Novati die Schroffheit der „Pagliacci“, was die Lautstärke bei beiden Opern betrifft, wäre weniger mitunter mehr gewesen, auch im Hinblick auf die SängerInnen, welche sich allesamt aber mehr als achtbar schlagen. Hervorzuheben sind die mächtig großstimmige Santuzza von Elena Batoukova-Kerl, die prächtige Nedda von Erica Eloff, Adam Kim mit markantem Bariton als Alfio und Tonio, Martin Achrainer als geschmeidiger Silvio und in beiden Tenorpartien, sowohl als Turiddu als auch als Canio, Jason Kim, der seinem Tenor leidenschaftliche Größe wie leidende Verzweiflung förmlich abringt und das Publikum mit seiner Leistung zu beeindrucken vermag.