Vom Publikum gestört – Dame Mitsuko Uchida im Wiener Konzerthaus

Dame Mitsuko Uchida nach ihrem Soloabend im Wiener Konzerthaus © Thomas Rauchenwald

„ … die letzten drei Sonaten, dann die G-Dur-Sonate, die D-Dur-Sonate und die große a-moll-Sonate, das sind alles gigantische Stücke … . Schubert interessiert mich da, wo sich seine Seele in der Musik spiegelt. … bekennt die einfühlsame wie hochintelligente britische Ausnahmepianistin japanischer Herkunft, Dame Mitsuko Uchida.

Als Hauptwerk im zweiten Teil ihres Klavierrezitals am 4. März 2025 im Wiener Konzerthaus steht die Sonate B-Dur D. 960 von Franz Schubert – nahtlos im Anschluss an die dreiminütige Komposition „Màrta’s Ligature“ von György Ligeti, einem ursprünglich für Zimbal komponierten Stück – auf dem Programm.

Über ihre in der Regel meisterhafte Interpretation von diesem Gipfelwerk aus Schuberts Feder zu berichten, ist bedauerlicherweise aber nicht möglich: Ein völlig undiszipliniertes Publikum – permanentes lautes Husten und Niesen, das geräuschvolle Aufprallen von zu Boden fallenden Gegenständen wie Mobiltelefonen oder Gehhilfen während der Wiedergabe – haben die Konzentration der großen Pianistin derart beeinträchtigt, dass ihre in der Regel subtil ausgefeilte wie technisch souveräne Werkgestaltung an diesem Abend nicht in der gewohnten Art und Weise zu hören ist. Zusätzlich zeichnet sich das Auditorium an diesem Abend durch seltenes Banausentum aus, brandet störender Applaus doch bereits nach dem langen, ersten(!) Satz von Schuberts viersätziger Sonate auf. Dass sie den Klavierabend nicht abgebrochen hat, was aufgrund dieses Publikumsverhaltens, das der Künstlerin und den aufmerksamen HörerInnen gegenüber einer unglaublichen Zumutung gleichkommt, nachvollziehbar gewesen wäre, ist wohl nur der sprichwörtlichen japanischen Höflichkeit und Liebenswürdigkeit der Pianistin zu verdanken.

Schade. Vor der Pause erklingen nämlich klangsinnlich artikulierte, musikalisch hingebungsvoll wie zwingend gespielte „Drei Klavierstücke“ op. 11 von Arnold Schönberg, sodass Schönbergs kühne Harmonien heute nicht mehr verstören. Die Sonate Nr. 27 e-moll op. 90 von Ludwig van Beethoven zu Beginn, vorwärtsdrängend schnörkellos gespielt, leidet unter den im Bass immer wieder abreißenden Tönen des wohl nicht perfekt präparierten Steinway-Flügels. Ein Klavierabend, der offenbar unter keinem guten Stern gestanden ist.

Themenschwerpunkte
Portait Thomas Rauchenwald
Thomas Rauchenwald
Autor des Blogs „Simply Classic“

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert